Kleine Anfrage zur kurzfristigen schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung:Inwiefern berücksichtigt die Landesregierung Frauen bei den Corona-Hilfen?

Vorbemerkung der Abgeordneten

„Regierungsberater: Bei Corona-Hilfen nicht nur Männerberufe beachten

Berlin (dpa) - In der Corona-Krise haben Berater die Bundesregierung ermahnt, bei Hilfsmaßnahmen Männer nicht zu bevorzugen. Die Krise sei ‚eingebettet in soziale Ungleichheitsstrukturen‘, Frauen insgesamt stärker betroffen als Männer, heißt es in einem Papier des Rats für Nachhaltige Entwicklung, das die Mitglieder nach eigenen Angaben am Montagabend Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) vorgestellt haben. Hilfen dürften daher ‚nicht nur Männerberufe, z. B. in der Industrie, in den Fokus nehmen‘, sondern müssten Beschäftigungsverhältnisse von Frauen gleichermaßen berücksichtigen. Gesundheits- und Pflegeberufe sollten aufgewertet und fair entlohnt werden.“, so die Deutsche Presseagentur am 19. Mai 2020.

 

In Niedersachsen setzt sich die rot-schwarze Landesregierung explizit für eine Neuauflage der umstrittenen Abwrack- bzw. Autokaufprämie ein, bei der hohe Summen an Steuergeld aus dem Bundeshaushalt eingesetzt werden würden. Gleichzeitig diskutiert die Bundes- und Landespolitik über eine Bonuszahlung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Pflege. 

 

Vorbemerkung der Landesregierung 

Der Landesregierung ist bewusst, dass die Corona-Krise die Gesamtbevölkerung vor besondere Herausforderungen stellt. Dabei waren viele Frauen besonders betroffen; sei es, weil sie in unverzichtbaren Berufszweigen arbeiten oder weil sie unter Einkommensverlusten im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung, als Solo-Selbstständige oder durch Kurzarbeit ohne arbeitgeberseitige Aufstockung gelitten haben. Auch haben (mehrheitlich) Frauen aufgrund der Schließung von Betreuungseinrichtungen und Schulen neben ihrer Erwerbsarbeit die notwendigen Care-Aufgaben geschultert.

Bei allen bisher zum Schutz der Gesundheit und zur finanziellen Stabilisierung ergriffenen Maßnahmen lag keine geschlechterorientierte Motivation zugrunde.

Die Beschäftigten im medizinisch-pflegerischen Bereich leisten in diesen Zeiten wertvolle Arbeit im Dienste der Gesellschaft. Die Landesregierung hat vor diesem Hintergrund am 23.06.2020 beschlossen, die von Bundestag und Bundesrat beschlossene Corona-Prämie in Höhe von bis zu 1 000 Euro für Beschäftigte in der Altenpflege um bis zu 500 Euro aufzustocken. Im Entwurf des zweiten Nachtragshaushaltes sind dafür 50 Millionen Euro vorgesehen.

1. In welchem Verhältnis sind finanzielle Corona-Hilfen bislang in Bereiche mit mehrheitlich weiblichen Arbeitnehmerinnen im Vergleich zu Bereichen/Branchen mit mehrheitlich männlichen Arbeitnehmern geflossen?

Die Corona-Soforthilfen werden von Bund und Land gemeinsam finanziert. Zum Stichtag 25.06.2020 waren in Niedersachsen rund 866 Millionen Euro an Soforthilfen ausgezahlt worden. Nachfolgend ist die Verteilung auf die einzelnen Branchen dargestellt, soweit die notwendigen Daten vorlagen. Um zu eruieren, ob eine Branche mehrheitlich weibliche Arbeitnehmerinnen aufwies, wurde die Statistik zur sozialversicherungspflichten Beschäftigung herangezogen, deren Daten auf Länderebene mit Stand 30.06.2020 verfügbar sind.

(Tabelle in der Drucksache oben rechts verfügbar)

Es ist ersichtlich, dass die Branchen mit mehrheitlichem Frauenanteil insgesamt 553,81 Millionen Euro Soforthilfen erhielten. Das entspricht einem Anteil von 63,9 % aller Auszahlungen. Werden jene Daten ohne Branchenzuordnung bei der Berechnung nicht berücksichtigt, erhöht sich der Anteil auf 75 %.

Bei Betrachtung der Anzahl der Bewilligungen ergibt sich ein ähnliches Bild. Branchen mit mehrheitlichem Frauenanteil erhielten 77 524 Bewilligungen. Das entspricht einem Anteil von 57,3 % aller Bewilligungen. Werden jene Daten ohne Branchenzuordnung bei der Berechnung nicht berücksichtigt, erhöht sich der Anteil auf 77,6 %.

Auf eine separate Darstellung der Berechnungsergebnisse für die Branchen mit mehrheitlichem Männeranteil wird aus Erwägungen der Übersichtlichkeit verzichtet. Sie ergeben sich jedoch unmittelbar bei Abzug des frauendominierten Branchenanteils von 100 %.

2. Inwiefern berücksichtigt die Landesregierung sowohl bei den Corona-Maßnahmen als auch bei den finanziellen Hilfen die Geschlechterperspektive?

Bei allen gesetzlichen und untergesetzlichen Maßnahmen werden grundsätzlich die Auswirkungen auf die besonderen Lebenslagen der Geschlechter berücksichtigt. Ziele der Maßnahmen im Rahmen der Pandemiebekämpfung sind der Gesundheitsschutz und die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems.

3. Will die Landesregierung für eine höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen in den mehrheitlich von Frauen ausgeübten strukturrelevanten Berufen wie der Pflege, Medizin, Erziehung oder auch bei den Kassiererinnen und Kassierern sorgen, gegebenenfalls wie?

In einer sozialen Marktwirtschaft wie in Deutschland werden Arbeitsentgelte nicht vom Staat festgesetzt, sondern zwischen den Vertragsparteien regelmäßig auf der Grundlage von Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien vereinbart. Die Landesregierung wird auch weiterhin im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Möglichkeiten dafür den rechtlichen Rahmen gestalten, um den Vertragsparteien sachgerechte Vereinbarungen zu ermöglichen.

Ein zentrales Anliegen der Landesregierung ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege. Um auch in Zukunft der demografischen Entwicklung gerecht werden zu können und die Pflege in Niedersachsen zu stärken und sicherzustellen, hat die Landesregierung bereits im Sommer des vergangenen Jahres die Konzertierte Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.Ni) ins Leben gerufen. Ein wesentlicher Punkt der Konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.Ni) ist, dass die Pflegekräfte in Niedersachsen künftig mehr verdienen und ihre Arbeitsbedingungen verbessert werden. Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Rückkehr in den Job sollen erleichtert werden. Arbeitnehmerfreundliche Arbeitsmodelle sollen dabei unterstützen, dass Fachkräfte im Job gehalten und neue gewonnen werden können. Dabei werden neue und innovative Versorgungsansätze sowie Arbeitsmodelle getestet.

Sowohl die Landesfinanzhilfe für Kindertageseinrichtungen als auch die Förderprogramme des Landes in der frühkindlichen Bildung (z. B. die Richtlinie „Qualität in Kitas“) orientieren sich an einer tarifgerechten Bezahlung und helfen bei der Schaffung von guten Rahmenbedingungen in Kitas, um die Attraktivität des Arbeitsfeldes zu steigern. Den örtlichen Trägern und den freien Trägern von Kindertageseinrichtungen wurde die allgemeine Finanzhilfe nach den §§ 16, 16a, 16b, 18 und 18 a KiTaG, die die entsprechenden Personalkostenzuschüsse des Landes beinhalten, auch während der Betriebsuntersagungen infolge der Ausbreitung des SARS-CoV-2 gewährt, sodass eine Kurzarbeit der mit 93,5 % (Bundesstatistik zum 01.03.2019) deutlich überwiegend weiblichen pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen in Niedersachsen nicht zwingend war.

Die Beschäftigten im Einzelhandel, insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel, haben während der Corona-Krise maßgeblich zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung beigetragen. Der Einzelhandel ist besonders von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen, daher setzt sich die Landesregierung für dauerhaft sichere und stabile Beschäftigungsverhältnisse im Handel ein. 

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